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Ausgabe 21. März 2023

Naturerlebnisgarten

Schottergärten: PRO und KONTRA – Trügerische Mogelpackung -  Bauordnung verlangt nach Rückbau – Pflichtverletzung bei Kontrolle und Sanktionen?

 

Ein Vorgarten ist die Visitenkarte Deines Hauses: Er verrät viel über Dich als Bewohner. Aber für immer mehr Menschen wird der Traum vom eigenen Garten zum Albtraum: Ein Garten unterliegt einer ständigen Veränderung. Er lebt.

Kampfstoffe gegen die lebendige Natur sind neben Spritzmittel heute auch Beton und Schotter. Was aber bewegt privilegierte Gartenbesitzer dazu, zu einer Totgestaltung überzugehen?

Grausam kommt von grau...

Plastik im Boden

 

 PRO Schottergarten:

  • Fehlinformationen und der Irrglauben, dass ein Schottergarten pflegeleicht ist.
  • Zunehmender Zeitmangel durch andere Prioritäten in der Freizeitgestaltung.
  • Längere Abwesenheit durch ausgedehnte Ferienreisen.
  • Beruflich bedingter Zeitmangel bei Doppelverdienern.
  • Die Grundlast der regelmäßigen Pflege nimmt den kreativen und motivierenden Tätigkeiten den nötigen Freiraum.
  • Ein Garten muss ständig „bespielt“ werden und ist in ständiger Veränderung. Er fordert mehr Zuwendung als ein Haustier.
  • Der zunehmende Rückgang von Erfahrungswissen, Sachkenntnissen und praktischen Vorbildern führt zu frustrierenden Misserfolgen.
  • Obwohl man als Garteneigentümer die „Hoheit“ über sein Reich besitzen sollte, fehlt vielen Menschen die Courage, sich dem gewöhnlichen Geschmack, dem modischen Allgemeintrend und den Urteilen anderer zu widersetzen.
  • Wer über sein Stück Natur herrschen will, muss investieren: Wegwerfpflanzen Dünger, Wasser, Werkzeuge und Hilfeleistungen – alles hat einen Preis.
  • Veränderte Ernährungsgewohnheiten und materieller Wohlstand schwächen die Bedeutung des Gartens für eine gesunde und preiswerte Selbstversorgung. Die Bedeutung einer Fläche für eine Wertschöpfung durch Eigenleistung geht verloren.

  • Ein sehr häufiger Grund für die Anlage eines Schottergartens liegt in gesundheitlichen Einschränkungen, Krankheiten oder dem höheren Alter.
  • Die trügerische Annahme, eine Arbeitserleichterung zu erreichen, verleitet manche Gartenbesitzer zu dieser Fehlinvestition.
  • Die Angst älterer Menschen, einen Garten nicht mehr „sauber“ halten zu können und sich der Kritik der Allgemeinheit auszusetzen zu müssen, kann für ein Geschäftsmodell ausgenutzt werden
  • Die Überforderung durch einen Garten kann ältere Menschen vorzeitig aus der gewohnten Umgebung vertreiben. Nur, was ist teuer? Garten- oder Heimpflege?
    Schottergarten Begeisterten dient der Vorgarten als Schaukasten und Botschafter: Ich habe nicht nur viel Schotter, ich kann mir das auch leisten, ihr sollt das sehen, das ist mir wichtig.
  • Minimalismus und Einöde, chlorsauberes Engelchenweiß oder trauergrauschwarz, bitte keine Farben oder Lebendigkeit, Hauptsache verblüffen…

Ein Schottergarten kann wie ein offenes Buch sein. Er verrät viel über den Besitzer.

Milchkanne verloren?

CONTRA Schottergarten:

Wer einen Schottergarten anlegen will, sollte mal seinen Plan auch zu Ende denken. Schottergärten durchlaufen verschiedene Entwicklungsstufen und enden schon nach wenigen Jahren in einem Gartendesaster. Zu Beginn verblüffen die vorherrschenden künstlichen Strukturen, Linien und Abgrenzungen und ein absolut steriles und eintöniges Material. Der Wunsch „mein Garten muss sauber sein“ erfährt noch einmal eine Steigerung.

Geschmackssache


Doch schon nach Wochen stellt man hingegen fest, dass Staub und Laub nicht an der Grundstücksgrenze anhalten. Im Laufe der nächsten Jahre erobern trockenes Laub, Stängel, Federn, Papier und alles, was sonst noch über eine windige Straße fegt, das Gelände. Der Dreck ist ja nicht weg, setzt sich in den tausenden Lücken zwischen den Steinchen fest und verbackt mit dem zerstäubten Vogel und Hundekot.

Nur eine Frage der Zeit


Wer aber will das dann alles detailgerecht mit den Fingern aus den Fugen picken? Eine bewährte Fächerharke, ein Rechen, eine Harke, eine Hacke oder ein Besen haben hier keine Chance.

Pflegeleicht?


Einzige Rettung: Statt der leichten, seit Jahrhunderten bewährten Gartengeräte trage ich von Anfang an und regelmäßig eine Kabelrolle und einen schweren Gartenstaubsauger in den Garten… suche Steckdosen… oder kaufe regelmäßig neue Akkus… Am motorisierten Gartenkonzert darf ich so mit teilnehmen und die Nachbarschaft beschallen. An den Moment, an dem ich mich in Stille erholt habe, kann ich mich ohnehin so nicht erinnern.

Auf dem Friedhof (ohne Steckdose) verlängern sich die Aufenthaltszeiten durch das Schmutzpicken. Viel Gelegenheit für ein längeres Gespräch mit den Lieben oder den Nachbarn. Gesprächsanlass sind Blätter und Blüten vom Nachbargrab. Nach 1 bis 2 Jahren kommt auch schon das erste Moos. Die Spritze mit Chlor oder sonstigen verbotenen Mittel hat jetzt ihren Auftritt. Die cleanen Spuren auf den Wegeplatten geben eindeutige Hinweise auf die Ordnungswidrigkeit. Angemahnt wird das „Unkraut“ - nicht aber das Gift…

Mit Gift oder ohne- schon nach wenigen Jahren stellt sich ein kostspieliges Desaster ein: Die Abfälle aus dem Steinbruch und die Fluss Kiesel sind fast wieder im Dreck versunken. Der horizontale Setzkasten für Mineraliensammler gibt jetzt allen einen Grund zum Anstoß. Der hart verbackene Dreck kann jetzt nur noch mit schwerem Gerät ausgehoben werden. Der schwere Müll muss mit der alten Folie zusammen als Sondermüll kostspielig aufgenommen, weggefahren und teuer entsorgt werden (bis zu 200 € die Tonne).

Dazu gibt es dann noch einen saftigen Zuschlag für die fehlende Muttererde. Steinchen, die übersehen worden sind, werden einen in Zukunft stets an das „geniale“ Projekt Steingarten erinnern. Überdies gibt es weitere Probleme. Sie betreffen das Allgemeinwohl. Die folgenden Punkte nehmen externe und unmittelbare Schäden in den Fokus:

  • Massive Eingriffe in den Landschaftsraum durch den Ausbau von Steinbrüchen.
  • Gewinnung von Schotter überwiegend in China und Indien (Kinderarbeit?).
  • Erheblicher Energieverbrauch für Abbau, Fraktion und weitere Transportwege.
  • Freisetzung von CO2 und damit Beitrag zur Klimazerstörung.
  • Regionale Verkehrsbelastungen, verbunden mit Staub, Lärm und Gefahren.
  • Außergewöhnliche Belastungen von Brücken und Fahrbahnen durch den LKW-Verkehr (Materiallieferungen).
  • Schotterflächen vergrößern den täglichen Verlust von Land- und gartenbauliche Flächen (78 Fußballfelder werden täglich in Deutschland versiegelt).
  • Eine Steinschicht erzeugt eine Zunahme der Strahlungswärme von mehreren Grad (über einer Schotterfläche wurde z.B. 62 Grad gemessen, während sich die Vegetation nur auf 26 Grad erwärmte).
  • Fehlt der Pflanzenwuchs, fehlt auch die Verdunstungskühle.
  • Statt einer Bindung und Umsetzung von Staub durch Pflanzen, wird Staub angereichert.
  • Unbewachsene Flächen in Straßenschluchten verstärken den Wind und Sturm. Elastische Pflanzenteile nehmen hingegen Energie aus dem Wind.
  • Beton und Steine reflektieren den Schall – Pflanzen reduzieren ihn.
  • Fließ- und Plastikfolien unter Schotter vermindern oder verhindern den Regenwassereintritt in den Boden und behindern die Bildung von Grundwasser.
  • Versiegelte Flächen leisten einen Beitrag zu Überschwemmungen, Kanalüberlastungen, Schäden in Kellern und tiefliegenden Wohnungen.
  • Bodenleben und Bodenstruktur werden durch Flies und Folien zerstört.
  • Mit einer Schotterfläche unterbinde ich das Leben von Hummeln, Regenwurm, Käfer und Schmetterlingsraupe.(in einer Hand gesunder Erde sind sonst so viel Lebewesen wie Menschen auf der ganzen Erde).
  • Die Unterdrückung von Pflanzenwuchs vernichtet Nahrungsquellen für Tiere aus der Umgebung.
  • Es fehlen der Unterschlupf und die Rückzugsmöglichkeiten der Insekten und Vögel vor Fressfeinden.
  • Der Schottergarten ist ein aktiver Beitrag zum Artensterben.
  • Als „Trittstein“ für eine Verbreitung heimischer Arten und Verbindung von Biotopen fällt der Schottergarten aus.
  • Schutt aus Steinbrüchen, Geröll aus Flüssen und Sandgruben sind totsicherere Kampfstoffe gegen die belebte Natur, den Artenschutz und das Klima.

Fazit: Individuelle Freiheiten sind immer an individuelle Verantwortung gebunden. Die Entscheidung, einen Schottergarten anzulegen, geht weit über eine Geschmacksfrage hinaus. Berührt werden viele Aspekte, insbesondere die des Gemeinwohls. Die menschliche Art lebt nicht nur vom Wettbewerb, sondern auch von der Kooperation.

Eigentum verpflichtet!

Rolle der Politik/Verwaltung:

Schottergärten stehen im krassen Widerspruch zur deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, der Bodenschutzklausel und die Flächensparziele der EU.
In NRW gilt eine Bauordnung, wonach unbebaute Flächen auf Grundstücke „zu begrünen oder zu bepflanzen und wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen“ sind. Zu jedem Grundstück gibt es Vorgaben für die Bebauung der Fläche (Grundflächenzahl).

Auch Gebühren für abfließendes Regenwasser (Teilversiegelung/Vollversiegelung) geben den Städten und Gemeinden Gestaltungsmöglichkeiten.
Trotz dieser Sachlage gibt es Kommunen, die sogar auf eigenem Grund (z.B. Friedhöfe) Schotterflächen anlegen oder dulden.
Wie steht es dort mit dem Kenntnisstand über Arten- und Klimaschutz? Müssen nicht Kirchen (Schöpfung bewahren…), Bildungseinrichtungen und kommunale Einrichtungen eine besondere Vorbildfunktion haben?

Kommunen entziehen sich gern ihren Verpflichtungen, weil ihnen das Kontroll- und Sanktionssystem zu aufwendig erscheint oder die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen noch nicht einleuchtet. (Sie sind noch nicht auf der Höhe der Zeit) und wer immer noch meint, einen Schottergarten anlegen zu müssen, sollte sich über das Risiko im Klaren sein, zu einem Rückbau verpflichtet zu werden.

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Stauden statt Steine heißt der Rat. Schottergärten sind mit falschen Erwartungen verbunden. Es sind Mogelpackungen mit kurzer Haltbarkeit. Ehe Sie Ihren Garten in die Steinzeit katapultieren, sollten Sie einen Moment kritisch innehalten. Beispiele für „Gärten des Grauens“ gibt es mittlerweile schon genug! Eine problemlose Alternative für eine Bodenabdeckung (z. B. Wege) wäre übrigens grober Rindenmulch. Nach vielen Jahren wird diese organische Substanz nicht zum Problem: Es ist eine hervorragende Zugabe für Pflanzen, die saure Böden lieben.

Besser, aber auch nicht optimal: Rindenmulch

Ballast oder Bereicherung?!

Aber vielleicht ist ja überhaupt Ihre Entscheidung für ein Haus mit Garten Überdenkenswert und für Ihren Lebensplan ungeeignet…

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Naturerlebnisgarten des Autors: Regionale Wildblumen

 


Alle Bilder des Artikels auch als Diashow!